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Unterwegs zum Cybersex: Die Mediatisierung sexueller Berührung

Dagmar Schmauks

Einleitung

Das Schlagwort "Cybersex" taucht in aktuellen Artikeln vieler Fachrichtungen auf und bewirkt unterschiedliche Reaktionen von der begeisterten Begrüßung neuer Erlebnisformen bis zum kulturkritischen Beklagen einer immer entmenschlichteren Sexualität. Der vorliegende Artikel hat demgegenüber ganz nüchterne Ziele. Er möchte zeigen, daß die als "Cybersex" bezeichnete Technologie als gradlinige Weiterführung von Bestrebungen gesehen werden kann, dem sexuellen Erleben durch Einbezug der jeweils verfügbaren Medien neue Bereiche und Qualitäten zu erschließen. Diese Medien leisten teils die Speicherung von Daten (Foto, Film, Tonträger), teils deren Verbreitung (Telekommunikation). Diese beiden Entwicklungsstränge verliefen lange getrennt, wachsen aber heute schnell zusammen, da das Internet sowohl Kommunikations- als auch Darstellungsmedium ist. In der Geschichte der Medien wurde zunächst die direkte Wahrnehmung, zu der alle Sinne beitragen, immer mehr durch eine indirekte Wahrnehmung ersetzt, bei der manche Sinnesmodalitäten ausgeklammert werden. Erst der Tonfilm führte Sehen und Hören wieder zusammen, und im Cyberspace sollen auch die Nahsinne integriert werden. Dem Thema des Sammelbandes entsprechend liegt der Schwerpunkt auf der Stellung der taktil-haptischen Modalität in diesem Prozeß. Die Analyse ist interdisziplinär angelegt, da sie Ansätze unterschiedlicher Disziplinen (etwa Linguistik, Psychologie, Anthropologie und Soziologie) berücksichtigt. Als Brückenwissenschaft dient hierbei die Semiotik, die es erlaubt, nicht nur sexuelle Handlungen als Zeichenprozesse zu rekonstruieren, sondern auch deren Veränderungen, die durch Medienvermittlung bewirkt werden.

Um die Entwicklung von medienvermittelten Formen der Sexualität beschreibbar zu machen, wird im 2. Abschnitt die Ausgangssituation, also der direkte Kontakt zwischen zwei Menschen, semiotisch charakterisiert. Der 3. Abschnitt liefert eine Typologie faktisch auftretender Abweichungen; es wird anhand von Beispielen gezeigt, welche Motive die Ausblendung einzelner Sinne haben kann und durch welche Techniken sie geleistet wird. 

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