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Sehschädigung, haptische Wahrnehmung und Sprache

Jürgen Lötzsch

In Deutschland leben 155.000 Blinde (weltweit ca. 40 Millionen) und etwa eine halbe Million Sehbehinderte. Die Verteilung der Blinden auf Altersgruppen zeigt Tabelle 1. Etwa 10.000 Blinde gehen einer Erwerbstätigkeit in den in Tabelle 2 aufgeführten Branchen nach. Tabelle 3 enthält einige Angaben, die spezielle Gegebenheiten im sozialen Umfeld von Blinden charakterisieren (Tabellen nach [8]). 

Eine im Laufe des Lebens auftretende Erblindung oder nicht zu korrigierende wesentliche Sehverschlechterung bringt eine einschneidende Änderung der Lebensumstände mit sich, denn es gibt keinen vollwertigen Ersatz für das ausfallende Sehvermögen. Die eingeschränkte Wahrnehmungstätigkeit kann jedoch auf den unterschiedlichsten Wegen kompensiert werden, um die Umwelt zu erkennen, Wissen zu erwerben, Raumwahrnehmungen zu vollziehen und Orientierungs- und Handlungsfähigkeit zu erreichen. Ein erster Schritt hierzu sind Maß-nahmen einer Elementarrehabilitation, beispielsweise einer Unterweisung in lebenspraktischen Fertigkeiten sowie einem Training in Orientierung und Mobilität (vgl. [7]). 

Insbesondere akustische und haptische Wahrnehmung erhalten in dieser Situation eine außerordentliche Bedeutung für alle Verrichtungen des Alltags, für Ausbildung, berufliche Tätigkeit und Freizeit. Während die akustische Wahrnehmung im Normalfall bereits gut ausgeprägt ist, müssen die Fähigkeiten und Fertigkeiten der haptischen Wahrnehmung nach dem Auftreten der Sehschädigung erst noch entwickelt und geschärft werden. Blinde, die die Blindenschrift beherrschen, verfügen über ein sehr gut entwickeltes Tastvermögen. Aber über zwei Drittel der blinden Population sind ältere Menschen, darunter nur sehr wenige mit Kenntnissen in Blindenschrift. Es ist deshalb nicht verwunderlich, daß insgesamt nur etwa 20 % aller Blinden diese Schrift beherrschen. Jedoch „selbst unter diesen finden sich beträchtliche Unterschiede bezüglich Tastgeschick, räumlichen und allgemeinen Vorstel-lungsvermögen, möglicherweise abhängig davon, ob sie schon sehr früh oder erst kürzlich er-blindet sind„ [33]. 

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